Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


04] Da die Seele nach dem Tode immerwährend mit ihrem freien Geiste vereint bleibt, dessen vollkommenen Leib sie eigentlich selbst ausmacht, so wird auch in Hinsicht der ewig zu achtenden Freiheit des Willens diesen Wesen durchaus kein Zwang angetan. Sondern sie werden nur von Zeit zu Zeit belehrt, können aber im übrigen tun, was sie wollen, gerade so, als wenn sie noch leiblich auf der Welt lebten.

05] Die Hauptursache, daß sich die Seelen also auf den Friedhöfen aufhalten, ist wohl die falsche Lehre von der Auferstehung des Fleisches. - Die Seelen werden zwar allezeit belehrt, daß der verstorbene Körperleib sie gar nichts mehr angeht, daß aus demselben für sie in alle Ewigkeit nichts mehr herauswachsen wird und er daher für sie nicht mehr zu beachten ist als ein gänzlich zerrissener, zugrunde gerichteter Leibrock, aus welchem auch in alle Ewigkeit kein neuer Rock mehr auferstehen wird.

06] Allein solche Lehre nützt bei diesen Wesen geradesoviel, als so ihr mit dem allerbesten Willen einem Erzmönche beweisen wolltet, daß Ich auch ohne ein sichtbares kirchliches Oberhaupt Meine Kirche lenken und regieren möchte, oder wenn ihr ihm beweisen wolltet, daß seine Kutte um kein Haar besser ist als die Jacke des geringsten Knechtes; oder wenn ihr ihm beweisen wolltet, daß eine sogenannte »Reliquie« keinen anderen Wert hat, als ein in einem Dunghaufen halb verwester Strohhalm. Oder NB., wenn ihr ihm beweisen wolltet, daß ein kurzes Gebet im Geiste und in der Wahrheit aus dem Herzen eines Mich liebenden Bruders, und wenn es nur 10 Worte lang ist, einen unendlich höheren Wert hat als 10 000 Hochämter in einer fürs Volk unverständlichen Sprache, wenn sie noch so gut bezahlt wären von Gläubigen und gelesen bei den privilegierten Gnaden-Altären.

07] Seht, geradesoviel ihr in dieser Hinsicht bei einem solchen Erzmönche ausrichten würdet (der euch bei eurer Erklärung nicht viel besser traktieren würde, wie Mich die Juden vor dem Hohenpriester Kaiphas traktiert haben, da sie Mich für den größten Ketzer hielten und für einen, der mit allen Teufeln Gemeinschaft hat) - ebenso ergeht es auch den vom Himmel gesandten Lehrern, wenn sie solche Seelen von dem Irrwahn abbringen und ihnen beweisen wollen, daß das Fleisch des Leibes in alle Ewigkeit nicht wieder auferstehen wird.

08] Wenn die erst vor kurzem Verstorbenen solche Lehren vernehmen, da entsetzen sie sich und werden überaus traurig darüber, daß es ihnen fürder nicht mehr gegönnt sein solle, in ihre vermeintlichen verklärten Leiber zurückzukehren - aus welchem Grunde denn auch in der Geisterwelt der Hauptunterricht auf dem Wege eigener Erfahrung bewerkstelligt wird.



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