Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


04] Und siehe, wie er beschlossen hatte, so tat er denn auch alsogleich, ging zum Fürsten hin und stellte ihm alles vor. Als aber der Fürst solches vernommen hatte, siehe, da zuckte er mit den Achseln, war aber innerlich doch ganz gerührt und sagte endlich äußerlich etwas ernst:

05] »Hört, altes Väterchen, ich zweifle nicht an eurer Aufrichtigkeit. Allein bevor ich euch helfe, will ich nächstens euch in eurer Wohnung besuchen, um zu sehen, ob es also ist, wie ihr es mir vorgestellt habt. Jedoch wehe euch, so ihr mich irgend angelogen habt! Und nun geht, Meiner Gnade befohlen!«

06] Und siehe, da ging der alte Vater zwischen Hoffnung und Furcht nach Hause. Denn er hoffte zwar wohl von des Fürsten Gnade, aber fürchtete nur, daß dieser noch lange verziehen möchte. Und so kam er nach Hause, erzählte alles den Seinen, was ihm der Fürst gesagt hatte, und machte Anstalt, alsobald so viel als möglich das Haus zu reinigen, und das zwar gleich nach dem kargen Mahle. Und so wunde auch sogleich das Mittagsmahl genommen.

07] Allein der edle Fürst bedachte sich eines andern, verließ sogleich seine Burg und folgte dem armen Vater unbemerkt. Denn er dachte bei sich: Solcher Not muß alsbald geholfen werden! - Und die arme Familie verrichtete eben mit Tränen im Auge das Dankgebetlein, da trat auch der Fürst schon ins Gemach und sagte: »Hört, Alter, warum habt ihr mich denn angelogen? Denn ich sehe ja dreizehn Kinder und ihr habt mir nur zwölfe angegeben!«

08] Da fiel der alte Vater vor dem Fürsten auf die Knie und sagte: »O edler, guter Landesvater! Dieses dreizehnte ist ein fremdes, ich habe es aus Mitleid angenommen!«

09] Und der Fürst erwiderte scheinbar aufgebracht, im Herzen aber brennend voll von mildtätiger Begier: »Hört, so ihr noch Fremde unterstützen mögt, da muß es bei euch doch noch nicht gar so übel aussehen, und ihr werdet wohl meiner Hilfe entraten können!«

10] Da ermannte sich der alte Vater und sagte, die Hand des Fürsten ergreifend und selbe an sein Herz drückend: »O edler, guter Landesvater! Siehe, dieses dreizehnte habe ich vor zehn Jahren in einem Wald, dem Tode ausgesetzt, gefunden. Es war kaum mit einigen schlechten Lumpen umwunden und röchelte schon im Schlamme eines Sumpfes. Ich nahm es auf meine Arme, trug es alsogleich hieher und sprach zu meinem Weibe:



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