Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


08] Das Bestehen der Materie hat demnach darin seinen Grund, daß die Zentrifugal-Kraft in demselben Grade der Zentripetal-Kraft entgegenwirkt in dem beständigen Bestreben, sich nach allen erdenklichen Richtungen endlos weit ausdehnen zu wollen, in welchem Verhältnisse die Zentripetal-Kraft wieder das ganz entgegengesetzte Bestreben äußerst und sich beständig in einem Punkte zusammenziehen will.

09] Nun, wenn die Zentripetal-Kraft nicht durch das beständige Annehmen der sie umgebenden gleichartigen Hilfskräfte genährt oder unterstützt würde, so würde sie alsobald von der Zentrifugal-Kraft überwunden werden, wodurch sie dann auch zunichte würde und die Materie dadurch aus der Sphäre des Daseins träte. Daher hat denn der Stein, je welcher Art er ist, beständig die ihn umgebenden gleichartigen Teile in der Luft an sich zu saugen, das ihm ganz Gleiche zu behalten und dadurch die durch den gegenseitigen Kampf verbrauchten Teile zu ersetzen, das Unähnliche aber vermöge der stets nach außen wirkenden Zentrifugal-Kraft wieder hinauszuschaffen - damit er das bleibe in seiner Art, als was er gebildet wurde. Dann und wann geschieht es aber auch, daß selbst ein Stein gewisserart krank wird, wenn fremdartige Teile zu häufig mit den ihm eigentümlichen eingesaugt wurden und diese durch die entgegenwirkende Zentrifugal-Kraft nicht wohl mochten wieder hinausgeschafft werden und der Stein dann in sich fremdartige Gebilde bekommt. Z.B. findet man da in einem oder dem andern Steine sonstige Mineralien oder in einem unedlen Steine edlere Steine; oder, was von euch ein jeder schon öfter wird beobachtet haben, daß sonst durchsichtige Kristalle, oder selbst Diamanten, gewisse undurchsichtige, moos- und federartige Partikeln in sich enthalten, welche doch gewiß nicht der Natur dieser sie enthaltenden Steine selbst sind.

10] Nun, wie geschieht denn eigentlich der Akt des Atmens bei den Steinen? - Diese Frage liegt zwar schon zur Hälfte beantwortet in der Notwendigkeit des Atmens. Ein Stein atmet fürs erste auf die tierische Art, nämlich durch die »Inhalation« und »Respiration« (Ein- und Ausatmung) das heißt, er zieht vermöge seiner groborganischen Bildung und seiner mit derselben verbundenen Eigenschaft unausgesetzt ihm ähnliche Teile aus der ihn umgebenden Luft in sich. Und wie bei den Tieren die chemische Zersetzung erst im Körper selbst erfolgt, so erfolgt beim Stein diese Zersetzung schon auf seiner Oberfläche; weshalb mit der Zeit auch die Oberfläche des Steins von einer ihm fremdartigen, anderfarbigen, dünnen Kruste überzogen wird, welche bei größeren Steinmassen oft so stark wird, daß sie nach ihrer Art entweder ein eigenes Gestein bildet, oder je nachdem die ausgeschiedenen Teile sind, sich oft auch als ein pflanzenartiges Gewächs unter allerlei Formen ansetzt.



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