Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


KapitelinhaltGeistige Beleuchtung von Ebbe und Flut (24.10.1840)

01] Aber wodurch wird denn dieses Aus- und Einatmen (der Erde) bewirkt? - Gerade dadurch, wie es bei den Tieren bewirkt wird, nämlich durch das immerwährend neu eintretende Bedürfnis nach frischer Kost, wenn die vorhergehende verzehrt und dadurch wieder negativ geworden ist.

02] Während des Verzehrens fallen die Organe wieder näher aneinander, bis zu einem gewissen Grade, da sie sich selbst in ihrem eigenen Hunger zu reiben anfangen. Alsdann geschieht alsogleich wieder eine Sättigung, durch welche sich die Teile natürlich wieder mehr und mehr ausdehnen. Daher kommt denn auch eben hernach die (in Frage stehende) Erscheinung: durch das Bedürfnis nach positiver Kost die Ebbe - und durch die Sättigung die Flut.

03] Ihr werdet freilich sagen: Wenn dem so ist, so müßten wir ja diese Erscheinung auf dem Festlande und auf den Bergen ebenfalls wahrnehmen. - Ich sage aber, es ist dem nicht so. Erweitern sich wohl euer Kopf, eure Hände und Füße, so ihr atmet? - Und ihr werdet sagen: »Nein, diese Glieder bleiben ruhig«. - So sage Ich euch, so können auch die Festen der Erde gar wohl ruhig bleiben.

04] Damit ihr euch nun diese Erscheinung desto einleuchtender versinnlichen könnt, so steigt denn einmal in eine Badewanne und bemerkt dann wohl das Wasser, das euch in der Badewanne sparsam umgeben soll, und ihr werdet sicher bemerken, daß das Wasser bei jedem Atemzuge ein wenig steigen und beim Aushauchen fallen wird. Nun, so ihr dieses wohl überdenkt, so werdet ihr sehr leicht einsehen, daß Ich ganz wohl verstehe, Meinen Pfeil ins Zentrum der Zielscheibe zu schießen.

05] So euch aber jemand sagt: der Mond sei die Ursache der Ebbe und Flut - so fragt ihn, wie denn der Mond, wenn er sich gerade auf der entgegengesetzten Seite befindet, vermöge seiner Anziehung auf der ihm schnurgerade abgewandten Erdhälfte eine Flut zu bewirken vermag?

06] Wer dieses behaupten könnte oder wollte, der wäre noch über den blinden Schützen, der sich mit dem Rücken gegen das Ziel wandte und zufälligerweise einen gegenüberstehenden Baum statt der Zielscheibe traf. Oder wem könnte wohl einfallen, so er in einer Badewanne läge, zu behaupten, daß das Wasser deswegen steige und falle, weil mehre Klafter über ihm ein Apfel an einer Schnur aufgehängt ist, welchem ein mutwilliger Knabe eine Schwingung beigebracht hat. Sollte dieser nicht lieber auf seinen eigenen Bauch sehen, woselbst ihm dann, um Mich auch eines gelehrten Ausdruckes zu bedienen, doch »empirisch« klar werden müßte, daß nicht der Apfel, sondern nur sein Bauch das Fallen und Steigen des Wassers bewirkt.



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