Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 34. Kapitel: Ankunft Henochs und seiner Begleiter vor Hanoch. Lamechs Bewunderung der Menschenwerke in Hanoch und Henochs weiser Rat. (09.05.1843)

01] Als sich die Gesellschaft der großen Stadt Hanoch näherte, da verwunderte sich der Lamech (Lamech aus der Höhe) über die große Pracht und Kühnheit der Gebäude, welche sich aus ihren Stellungen bekundete, und sagte zum Henoch:

02] »Höre, Vater Henoch, da mag einer sagen, was er will! Wenn man diese vielen Gebäude betrachtet, so muß man offen gestehen, daß die Kinder der Tiefe durchaus nicht auf den Kopf gefallen sind; denn die Sache ist ein und für allemal nicht dumm, und ich kann all die Dinge nur mit Wohlgefallen und durchaus nicht mißbehaglich ansehen.

03] Wenn man bedenkt, daß diese Menschen alles das allein mit ihrer naturmäßigen Kraft errichtet haben, indem des Geistes Macht ihnen fremd war, so muß man sich im Ernste hoch verwundern über solch ein mächtiges Werk!«

04] Als er aber erst des neuen Tempels auf der Höhe ansichtig ward, das heißt auf dem ehemaligen Schlangenberge, da ward es völlig aus mit unserm Lamech. Er blieb eine Zeitlang ganz stumm in seine Betrachtung versunken stehen und öffnete erst nach einer Weile seinen Mund und fragte dann den Henoch, sagend nämlich:

05] »Aber Vater Henoch. Was ist denn das? Haben denn das auch Menschenhände verfertigt?«

06] Hier hielt der Henoch ein wenig inne und sagte zum Lamech: »Höre, mein lieber Sohn Lamech, ich sage dir: Laß dir diese Sachen nicht zu sehr wohlgefallen, sonst wirst du wohl noch zu mehr Fragen genötigt werden, denn an allen diesen Dingen klebt noch ganz entsetzlich viel Welt!

07] Nach dem Maße du daran aber ein Wohlgefallen findest, nach eben dem Maße verdunkelst du deinen Geist, so daß er dir dann in deinem Herzen gar wenig Licht mehr spenden kann und du dadurch genötigt bist, dich aufs äußere Fragen, wie jetzt, zu verlegen, da dir dein Geist, wie gesagt, die Antwort schuldig bleibt.

08] Also wende dein Auge von dem lieber ab, und betrachte es nicht länger, was dich so sehr besticht, so wird dein Geist bald wieder sein rechtes Licht überkommen, und du wirst wieder darum auch jede Frage in dir selbst beantwortet finden!«

09] Hier wandte sich der Henoch zu den andern ihm Folgenden und sagte zu ihnen: »Ihr aber sollet euch billig im Namen des Herrn freuen, der zu eurem zeitlichen und ewigen Wohle so entschieden Wunderbares getan hat aus Seiner unendlichen Liebe und Erbarmung, daß ihr euch darüber ewig nie genug werdet dankbarst verwundern können!«

10] Die Naeme, wie die beiden Weiber und auch die zwei Söhne fielen aber alsbald auf die Erde nieder und fingen an, laut zu loben und zu preisen den so endlos guten Gott und Vater aller Menschen, darum Er der Tiefe so gnädig und barmherzig war.

11] Und die Naeme verwunderte sich aber nun um so mehr, da sie das alles nun in der Wirklichkeit mit den Augen des Fleisches erschaute, was ihr der Herr auf der Höhe schon im Geiste gezeigt hatte, und lobte und pries daher den Herrn auch ums Mehrfache stärker und heftiger liebend denn die andern, die diesmal den Herrn nicht gesehen haben.

12] Da aber der Henoch solches merkte, sagte er zur Naeme: »Stehe nun auf; denn siehe, dort zieht uns schon eine jubelnde Schar aus der Stadt entgegen.

13] Richte aber auch die Deinen auf und sage ihnen: Der Herr hat es dem Lamech der Ebene angezeigt, daß wir seiner vor der Stadt harren! Darum zieht er uns schon mit offenen Armen entgegen, um uns zu empfangen in seiner mächtigen Liebe aus dem Herrn!«

14] Hier erhob sich alsbald nicht nur die Naeme, sondern auch alle die anderen, die solche Worte vom Henoch ebenfalls vernommen hatten; aber dennoch ging die Naeme alsbald hin zu ihnen und richtete sie im Herzen auf, da alle beim Anblick der ihnen entgegenziehenden Schar von Angst, Furcht und Freude zugleich befallen wurden.

15] Der Henoch aber belobte darum die Naeme sehr, indem sie seinem Geiste so treulich und wohlverständlich Folge geleistet habe.

16] Und die Naeme erwiderte: »O Henoch, alle meine Liebe sei darum dem Herrn; denn nur Er gab mir, der Unwürdigsten, daß ich deine Worte verstand!«

17] Als die Naeme solches bekannte, da vernahm sie alsbald ein sanftes Wehen und sprach darauf:

18] »O Henoch! Wer hat mich denn nun so himmlisch-sanft wie durch und durch angehaucht?«

19] Und der Henoch erwiderte ihr: »Liebe Naeme, siehe, es ist der Herr ja mitten unter uns, wenn auch nicht dem Auge sichtbar, aber dennoch wohl vernehmbar unserm Gefühle!

20] Liebe Ihn nur stets also, und du sollst dieses heilige Wehen zum öfteren Male gewahren; denn so der Herr dich segnet, da haucht Er Selbst Seine Liebe in dein Herz! Also ist es!

21] Doch der Lamech kommt uns schon sehr nahe; daher machen wir uns bereit zu seinem Empfange! Amen.«



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