Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 150. Kapitel: Demütigung des vorwitzigen (irdischen) Abedams durch den Fremden.

01] Es wandte Sich aber hier der Fremde an den Abedam und sagte zu ihm: »Bruder und Freund Abedam, so dich Meine sicher wichtigen Einwürfe so stark beirren und du Mich bei einem nächsten sogar über alle Berge hinausreden willst, siehe, solches kannst du ja alsogleich tun; und ist dir dein vermeintlicher Sieg gelungen, da hast du den Henoch und dich dann ja vor allen künftigen Einwürfen des Lebens und der Liebe verwahrt!

02] Ich meine aber, wenn das Leben keine Kinderspielerei, sondern eine Sache großen Ernstes ist, da dürften denn derlei Einwürfe doch wohl von größerer Wichtigkeit sein denn deine Behaglichkeit.

03] Übrigens bin Ich ja dir noch mit keiner Frage zur Last gefallen; warum willst du denn hernach blasen, wo es dich doch nicht im allergeringsten brennt?!

04] Wie aber gesagt, so du Lust hast, Mich ordentlich niederzureden, da fange nur alsogleich an, und es soll sich am Ende doch zeigen, wer diesen Kampfplatz als Sieger behaupten wird!

05] Ich meine aber ganz zuversichtlich, daß bei diesem Kampfe du den bei weitem kürzeren ziehen dürftest!

06] Daher fasse dich wohl, so du etwa noch Lust haben sollst, dich mit Mir in einen Wortkampf einzulassen!

07] Dich beirrt Meine Weisheit, darum sie die deinige überragt, und besonders jetzt, da du der Meinung bist, von der Gegenwart Jehovas, an dessen Seite du beständig warst, die Weisheit ordentlich mit dem Löffel gespeist zu haben, und alle deine Brüder im Abende sollen darum dümmer sein denn du, damit du ihnen dein großes Weisheitsübergewicht so recht derb könntest fühlen lassen.

08] Weißt du's aber nicht, und hast du solches nicht vernommen, daß nur allein die Liebe, Geduld, Demut und Sanftmut die einzigen Grundpfeiler aller Weisheit sind?!

09] Kannst du aber nun sagen, daß solches in dir ist, so du dich ärgerst über Mich, und das aus keinem andern Grunde, als nur dem, daß du Mich für tiefsinniger und weiser wähnst denn dich?!

10] Ja, aus eben dem Grunde magst du sogar Gott, die ewige Treue und Wahrheit, einer Anrennerei beschuldigen!

11] Abedam, siehe, siehe einmal in dein Herz! Wie muß dieses denn beschaffen sein, daß es schon heute Den verleugnen kann, von dem es gestern noch die größten, wunderbarsten Wohltaten empfing?!

12] Hat denn der hohe Abedam nicht mehr um dich verdient, als daß du Ihn nun verleugnen willst und willst Mich lieblos aus purem Weisheitsneide über alle Berge hinausreden?!

13] O wie schlecht mußt du die Worte Abedams erfaßt haben!

14] Wann wohl hat Er jemandem den Weisheitsneid anbefohlen?!

15] Wie kannst du aber je auf die wahre Weisheit einen Anspruch machen, so dein Herz voll Ärger ist?!

16] Daher reinige zuvor dein Herz, und es soll sich dann zeigen, wieviel Weisheit im selben Platz haben wird!

17] Verstehst du solches? - Ich sage dir aber: Verstehe es, oder streite mit Mir! Denn deiner Kraft bin Ich völlig gewachsen; denn Ich kenne dich und den hohen Abedam besser denn du!«

18] Diese Worte gingen dem Abedam so völlig zu Herzen, daß er vor großer Reue zu weinen anfing, und er bat den fremden Bruder um Vergebung und sagte zum Schlusse seiner Bitte:

19] »Bruder, da du mich in aller Weisheit ums Tausendfache übertriffst - was ich jetzt dieser deiner wahrhaft himmlisch rein wahren Mahnrede gar überaus klar entnommen habe - und ebenfalls vom Abende her bist, so werde mein Helfer und Stellvertreter! Denn was soll ich machen aus meiner großen Torheit?!

20] Der hohe Abedam hat mir solch ein Amt sicher nur zur Selbstprobe meiner Demut auferlegt, was ich jetzt um so deutlicher ersehe; daher wird es wohl recht sein, daß du mein Stellvertreter werdest!«

21] Aber der Fremde erwiderte ihm: »Meinst du denn, der hohe Abedam habe Sich mit dir einen sogenannten Spaß machen wollen? - Oh, da hast du Ihn schlecht erkannt und begriffen!

22] Sieh, den Er berufen hat, da hat Er auch sicher vorgesehen, warum Er ihn berufen hat! Aber er wirft darum dennoch keinem Berufenen die Weisheit auf den Rücken nach, sondern diese soll sich jeder Berufene erst auf den Wegen zu eigen machen, die Er ihm zu dem Behufe durch viele tausend Worte gezeigt und somit treulichst vorgezeichnet hat.

23] Daher bleibe du, wozu du berufen wardst, und wandle auf den vorgezeichneten Wegen, so wirst du des dir verliehenen Amtes schon auch vollends mächtig werden! - Solches sollst du wohl verstehen und danach handeln!«

24] Diese Worte rollten wie starke Donner durch die Seele Abedams, und der Henoch und alle Väter staunten über die große Weisheit des Fremden.

25] Der Adam sagte darauf zum Seth und auch zu den übrigen: »Wahrlich, ich muß es gestehen, dieses Fremden Weisheit ist groß!

26] So er vom Morgen her gekommen wäre, so dächte ich, hinter ihm steckete etwa gar schon Puristas Flamme; aber vom Abende her ist solches wohl nicht zu gedenken!«

27] Und der Fremde erwiderte darauf dem Adam: »Was redest du denn? Ist denn nicht am Vorsabbate sogar der Asmahael aus der Tiefe zu euch gekommen?! Warum sollte sich denn hernach im Abende nicht auch ein weiser Bruder vorfinden?!

28] Siehe, das ist ein falsches Urteil von dir!« Und der Adam wußte darauf nichts zu sagen.

29] Der Fremde aber wandte Sich darauf zum Henoch und erbat Sich die Löse Seines Einwurfs; der Henoch aber bat den Fremden, ihm zuerst seine Meinung darüber kundzugeben, darauf er dann erst ein Ja, und sicher nicht ein Nein von sich geben werde.



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