Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes' (Band 1)


Kapitelinhalt 79. Kapitel: Adams Schwäche.

01] Nachdem Henoch diese Rede beendet hatte, verneigte er sich ehrerbietigst gegen alle Väter und dankte Mir dann im Herzen für die hohe Gnade, durch die er nun wieder vermocht hatte, soviel rein Gutes und Wahres aus Mir den Vätern zu verkünden.

02] Adam aber erhob sich und sagte Amen!« und fuhr dann zu reden fort, »indem er sagte: »Mein vielgeliebter Henoch, diesmal sehe ich nun ganz klar, daß die Worte, die du nun gesprochen hast, nicht in deinem Leibe entstanden sind, sondern der Herr und unser aller allmächtiger Schöpfer und allerheiligster Vater hat sie dir zuvor getreu ins Herz gelegt!

03] Denn wahrlich, liebe Kinder, welcher Mensch könnte das wohl aus sich schöpfen und diese Steingruppe in aller ihrer Wunderbarkeit also einleuchtend begreiflich enthüllen wie du durch die Macht und Allerbarmung des allerhöchsten Gottes?!

04] Es ist wohl das allererste Mal, daß ich dich so völlig erfaßt habe, und das noch sozusagen vom Grunde der tiefsten Wurzel.

05] Aber nur eines ist mir noch nicht erschaulich gewiß und einleuchtend und dieses eine ist: daß ich es mir noch immer nicht recht vorstellen kann, auf welche Art du das heilige Wort, das du dann aussprichst, in dir empfängst und es hörst und dann alsogleich aussprichst, daß es dann klingt, als wäre es von dir, wo doch der endlos hohe Sinn erschaulich gerade das blankste Gegenteil bietet, ja ein so blankes Gegenteil wie eine ganz ruhige Wasserfläche, auf der da nicht die allergeringste Unebenheit zu entdecken ist.

06] O lieber Henoch, nicht jetzt, sondern zu einer andern, gelegeneren Stunde, wenn es dem Herrn wohlgefällig ist, zeige und enthülle das uns allen damit wir dadurch einen inneren Maßstab bekommen und danach zu beurteilen imstande sind, wie und wann jeder von uns in sich das heilige Wort vernehmen möchte, entweder für sich oder für alle.

07] Ich sage dir aber noch einmal: nicht jetzt, sondern zu einer gelegeneren Stunde. Für jetzt aber danken wir alle dem Herrn, daß Er uns einer so hohen Lehre gewürdigt hat, und wollen uns danach zur Weiterreise anschicken, und zwar nach der schon bekannten Ordnung in dem Namen Jehova! Amen.«

08] Und alle taten in der innersten Tiefe ihres Herzens, wie es Adam geboten hatte.

09] Als sie Mir nun völlig ihren Dank dargebracht hatten, da erhoben sie sich und machten sich zur Reise fertig.

10] Bevor sie aber noch ihre Beine in Bewegung setzten, sagte Adam zu Seth: »Höre, mein geliebter Ahbel (Abel)-Seth, es hungert mich - meine matt werden wollenden Glieder sagen es mir -; doch du weißt das Gelübde des heutigen Tages, das ich mit euch allen dem Herrn gemacht habe, als der Rachen des Tieres uns fast samt und sämtlich erschauern machte.

11] Was wird nun zu tun sein? Ich möchte den Henoch fragen; allein wahrlich, es ist das erstemal im Leben auf dieser Stelle, daß mich der Mut verläßt, ein Kind zu fragen - das noch dazu ist ein Kind der Kinder! -, womit ich meiner Mattigkeit, ohne das Gelübde zu brechen, begegnen soll!

12] Gehe hin zu ihm, und frage ihn leise um seinen Rat! Amen.«

13] Sogleich machte sich Seth hin zum Henoch und sprach: »Höre, lieber Henoch, unsern Vater Adam hat eine starke Mattigkeit befallen in allen seinen Gliedern! Es verlangt ihn gar gewaltig nach Speise, - allein das Gelübde gebietet ihm, nichts zu essen den ganzen Tag hindurch. Sage, wenn es dir möglich ist: Auf welche andere Art wird der Erzvater seine Mattigkeit loswerden können

14] O lieber Henoch, tue, was du vermagst! Denn obschon auch ich zum Leben gekommen bin, so fühle ich aber doch erst ein Leben der Schwäche in mir und nicht eines der Kraft; darum möchte ich dem Erzvater eine sehr schwache Stütze werden!

15] Du aber hast es in der großen Fülle; so rate oder hilf! Amen.«

16] Henoch aber begab sich alsobald zu Adam und sagte: »O Vater, so lasse dich nicht von der Versuchung übermannen! Der Herr Selbst ist es, der dir solches zukommen läßt, um zu prüfen die Stärke deines Bundes in dir.

17] Da du noch nicht warst, vermochte dich der Herr wohl ins Dasein zu rufen, daß du wurdest ein freier Mensch und Geist, vollkommen nach Seinem Ebenmaße.

18] Nun bist du lange schon ein freier Beobachter und Empfänger von unnennbaren Ausflüssen Seiner unendlichen Liebe, Erbarmung und Gnade; wie magst du dich denn von einem Kleinmut fangen lassen und beben vor dem hinfälligen Staube des Fleisches, wenn dessen gegliederter Tod dich mahnt, daß nicht das Fleisch, diese stets mehr und mehr alternde Hülle des inneren Lebens, sondern der Geist der Liebe, welche das eigentlichste, innerste Leben ist, zum Leben bestimmt ist in Gott?!

19] Laß immerhin ermatten das Fleisch; und wenn es schwach werden wird bis hinein zur Wohnstätte des Lebens, so wird dasselbe um so leichter und eher sich in aller Fülle ergießen in alle Seele und wird durch diese auch bestens nähren jede Faser des Fleisches zum einstigen ewigen Leben.

20] Denn der Geist wird dann das Leben des Fleisches in sich aufnehmen, und so wird dann der Tod nichts haben, das er erwürge denn sich selbst, was da ist das leere Fleisch selbst.

21] O Vater, in deiner Schwäche baue auf die Kraft Jehovas, so wirst du in deiner wiedererlangten Kraft in der Macht des Lebens frohlocken und sagen:

22] »O Herr, du bester, heiligster Vater! Ich war nicht, und Du hast mich ins Dasein gerufen; und ich war da in aller mutigen Kraftfülle des frohen, heiteren Lebens aus Dir. Es gefiel Dir, mich mit mancher Schwachheit zu prüfen; ich erkannte mit Deiner Gnade die neue Prüfung und brachte Dir in meiner Ermattung ein Opfer der kindlichen Liebe. Du hast nun wieder meine Müdigkeit angesehen, und ich lebe nun hoch frohlockend ein neues, erstaunlich wonnevolles Leben in Dir, o Jehova! Dir sei ewig aller Ruhm, Preis, Lob und Dank!

23] O lieber, aller Achtung würdigster Vater Adam! Glaube es mir, dem schwachen Henoch: Es wird keine Stunde der Schattenwende vorüber sein, so werden deine Glieder kräftiger sein denn die des starken Tigers; aber nur festhalten mußt du den Bund! Denn der Herr verachtet allzeit den treulosen Wankelmut des Herzens.

24] Vorderhand aber laß dich bis gen Abend von mir geleiten und dir unter die Arme greifen, und du wirst des Herrn gar wunderbare Leitung bald vollends erkennen! Amen.«


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