Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes' (Band 1)


Kapitelinhalt 33. Kapitel: Die Flucht der Meduhediten auf den stillen Ozean mit Ziel Japan.

01] Und siehe, als die noch übrigen fünfzig Tage verflossen waren, da berief Meduhed, von Mir angeregt, sie alle zusammen und sprach eine gewaltige Rede an sie, welche also lautete: »Ihr Männer, Freunde und Brüder mit allen euren Weibern, Kindern, Knechten und Mägden, die nun ebenfalls nach dem Willen von oben unsere lieben Brüder und Schwestern sind, kommt alle her zu mir, und stellt euch nach der bekannten Ordnung um den kleinen Hügel, damit ihr wohl vernehmen möget den mir neu geoffenbarten Willen des allerhöchsten Gottes!

02] Denn so will es der Herr, daß ihr all die Werkzeuge sammeln sollt und sollt davon legen in einen jeden Kasten aufs Stroh, das euch bisher zum Lager gedient hat, von jeglichem eine gleiche Anzahl; und habt ihr das getan und die gut belaubten Zweige in den Ecken mit den noch übrigen Nägeln befestigt, dann erst bringt dahin die gesammelten Früchte auf die sparsame Dauer von dreißig Tagen, und legt dieselben behutsam in die Ecken unter die Zweige aufs Laub von Feigen! Die Kamele und Esel laßt hier zurück, den Lamechiten zum Zeichen, daß wir hier waren, und auch zum Zeichen, daß wir ihnen das Tierische zurückließen und nur das Menschliche und somit auch Göttliche gerettet haben; um die Werkzeuge aber legt einen Fuß hoch kleine Zweige, und bedeckt sie mit euren Decken und Strohmänteln, und die Tierfelle aber werft über die Werkzeuge. Und ist dieses alles genau nach dieser göttlichen Anordnung durch mich geschehen, dann kommt her noch einmal zu mir zum Hügel, damit ich euch allen nach dem Willen von oben noch weitere Verhaltungsregeln gebe; dann werden wir Gott gemeinschaftlich danken und Ihn hochpreisen für Seine unermeßliche und unbegrenzte Güte und Barmherzigkeit.

03] Nun geht und tut eilends, was euch geraten wurde durch mich von oben, amen.«

04] Und siehe, da verneigten sich alle gegen Meduhed, dankten Gott für diese Lehre in ihrem Herzen und gingen sehr willig und schnell ans gebotene Werk; und in sieben Tagen nach eurer Rechnung war alles in der größten Ordnung.

05] Und da sie nun alles auf die gebotene Art vollendet hatten, da kamen sie wieder nach dem frommen Verlangen Meduheds allesamt hin zum Hügel und dankten Mir daselbst in seinem Angesichte für die so schnell und so glücklich vollbrachte Arbeit.

06] Und als nun Meduhed gesehen hatte ihre vollbrachte Arbeit und sah, daß sie alle nun wieder wie vorher um den Hügel versammelt waren voll frohen und frommen Herzens, da fing nun Meduhed wieder an, eine Rede an sie zu richten, sagend:

07] »Männer, Freunde und Brüder, Weiber und Schwestern, hört! So will es der Herr, unser großer, allmächtiger Gott, daß ihr zu je hundertundzwanzig in einem Kasten Platz nehmen sollt, und zwar vierzig männlich und achtzig weiblich, und es sollen die Kinder sitzen und liegen über den Häuten auf den Werkzeugen. Die Weiber aber sollen sitzen auf den Zweigen und Decken und Mänteln; ihr Männer aber sollt stehen um die Weiber und eure Gesichter wenden nach dem Zuge der Kästen und nach dem des Windes und sollt des Tages nur einmal essen, und zwar um die Mitte des Tages. Eure Not aber sollt ihr wie die Weiber und Kinder am hintern Teile des Kastens ins Wasser verrichten; doch soll dabei einer den andern halten, damit niemand ins Wasser falle. Die Männer sollen aber die Zeit hindurch nicht schlafen, noch sitzen, noch weniger sich niederlegen; denn der Herr wird eure Glieder stark und eure Augen wach erhalten die Zeit hindurch, die wir über den Fluten der großen Gewässer nach Seinem heiligen Willen zubringen werden. Die Weiber und Kinder sollen nicht selbst nach den Früchten greifen, sondern sollen sich die Kost von den Männern und Vätern demütig erbitten, damit wir ein Volk werden nach dem Willen und der ewigen, allmächtigen Ordnung Gottes, würdig Seines Wohlgefallens und endlich Seiner unendlichen Liebe und Gnade, da wir auch nicht ein Haar auf unserm Haupte berühren wollen und werden ohne Seinen heiligen Willen!

08] Und so wir uns im Namen des Herrn alle werden in den Kasten befinden, dann soll sich der Älteste in einem jeden Kasten auf ein vom Himmel durch einen starken Blitz gegebenes Zeichen bereithalten, mit einem scharfen Messer den Strick alsogleich abzuschneiden; alsdann wird ein Wind kommen und die Kasten hinaustreiben auf die hohen Fluten, und zwar schon im Angesichte Tatahars mit seinen mörderischen Rotten, welche in dem Augenblicke, während wir schon bei tausend Mannslängen vom Ufer werden entfernt sein, ans Ufer gelangen werden.

09] Dann werdet ihr sie sehen Steine ins Wasser schleudern; uns aber wird keiner je mehr erreichen. Denn die rechte Hand Gottes wird uns schnell führen aus ihrem Hyänenangesichte und wird uns leiten hin in ein großes, fernes Land, welches dreißig Tage und dreißig Nächte von allen festen Landen entfernt ist und sich fast in der Mitte des großen Gewässers befindet und 'Ihypon' heißt (das ist: 'ein sicherer Garten', Japan), und dieses Land wird uns bleiben, solange die Welt stehen wird, nach dem Willen von oben; daran aber werden wir es erkennen, daß wir schon in weiter Ferne daselbst einen hohen, brennenden Berg in vollen Flammen der Liebe Gottes werden erblicken«. (Fujiama, 3780 m, auf der Insel Hondo in Japan, d. Hg.) Da wird sein nur ein einziger Zugang, und selbst der noch wird sich zwischen zwei solchen brennenden, hohen Bergen großlandeinwärts ziehen; an den Wasserseiten aber wird es sein umflossen beständig von den höchsten Sturmfluten. Und dazu wird es noch umgeben sein von den höchsten Bergen, in denen weder Tiger, Hyänen, Löwen, Bären noch Wölfe und Schlangen wohnen, sondern sie werden vielmehr gleichen einer bis in den Himmel emporreichenden Mauer, welche wohl von niemandem leichtlich wird erstiegen werden können.

10] Im Innern des Landes aber werden große, unübersehbare Ebenen voll von den herrlichsten und süßesten Früchten sein und so auch von schönen, brauchbaren, zahmen Tieren, welche uns ihre Milch zur gesunden Kost geben werden; und die Erde wird schmecken wie Honig und Milch und wird sein ohne Sand und Gestein und zu essen sein wie ein gutes Brot. Und hört, so spricht der Herr: Auf der ganzen Erde gibt es nirgends ein Land mehr, das diesem gliche an Vortrefflichkeit; da ist es weder je zu warm noch zu kalt, sondern es herrscht dort ein ewiger Frühling!

11] So werden dort die Menschen, die nach dem Willen Gottes leben werden, nie älter, und ihr Sterben wird ein sanfter Schlaf sein; dann aber werden unsichtbare Wesen kommen, einen solchen Menschen heimlich wieder lebend machen und ihn emportragen zu Gott. Da wird nicht zurückbleiben auch nur ein Stäubchen, das sich an die Füße eines solchen Wiederbelebten geklebt hatte!

12] Wer aber überhören je wird den Willen Gottes in seinem Herzen, der wird auch sterben, aber ewig am Leibe nimmer auferstehen. Und da werden kommen Würmer der Erde über sein Fleisch und werden es aufzehren samt Haaren, Haut und Knochen; seine Seele und Geist aber werden dann wieder zur Unterlage der Berge Jahrtausende als gefestete Körper dienen müssen im finsteren Bewußtsein ihres Elends und ihrer totalen Nichtigkeit, bis sie endlich wieder nach dem gnädigen Willen von oben irgendein Tier aufnehmen wird, von wo sie dann von Stufe zu Stufe sich durch die ganze Tierwelt werden elend, stumm und sprachlos durcharbeiten müssen, um endlich wieder einmal zur Würde des Menschen gelangen zu können. Dies merkt euch wohl; denn da werdet ihr dann viele tausend Male sterben müssen, ehe ihr wieder zum Leben aus der Liebe und Gnade Gottes gelangen werdet! Bedenkt, was der Herr euch hier sagen läßt!

13] Eure Weiber aber sollt ihr in der Zukunft nie eher als erst in eurem vierzigsten Jahre beschlafen, und dann aber ja nicht öfter, als es unter dem Segen Gottes nötig ist, zu zeugen einen Menschen. Und mehr als höchstens zwei bis drei Weiber soll keiner haben; denn alles, was darüber wäre, würde euch zur großen Sünde von Gott angerechnet werden und euer Leben auf der Erde zur kurzen, mühseligen Dauer machen, eure Liebe zu Gott schwächen und euch somit endlich alle Weisheit rauben, welche nur eine freiwillige Zugabe Gottes ist an jene, die Seine Gebote halten genau.

14] Und endlich: So wie hier, so sollt ihr auch dort nichts als euer Eigentum betrachten, sondern als ein Eigentum Gottes; und wer da behaupten würde und sagen: 'Dieser Grashalm gehört mir!', der wird mit der Blindheit von Gott augenblicklich bestraft werden, damit er sich in Zukunft nie mehr wird können eine Frucht von der Erde aufklauben, sondern wird müssen zeit seines Lebens von der Liebe Gottes und seiner Brüder zu leben lernen.

15] Die Sünder sollen nichts essen denn das Gras der Erde und der mageren Bäume bitteres Laub wie das Tier, zu dem sie sich durch die Sünde herabgewürdigt haben; und bis sie nicht für ihre Sünde werden genuggetan haben, sollen sie nichts anderes zu essen sich wagen, wenn sie das Leben erhalten wollen. Namentlich aber geht das Unzüchtler an, und vorzüglich aber jene jungen Weiber, die sich aus Wollust öfter würden beschlafen lassen; denn einer solchen Leib wird der Herr mit einer Pest erfüllen, und da soll sie hinausgestoßen werden an die äußersten Grenzen des großen Landes, da nichts als Gras und Blätter wachsen. Schließlich sagt der Herr, unser großer, allmächtiger Gott, daß ihr euch untereinander lieben sollt, und keiner soll je ein Richter des andern werden, sondern da soll der Schwächere zum Starken gehen, damit dieser ihm unter die Arme greife und ihm helfe, zu wandeln über das Land; und der Weiseste aber soll allen dienen und ein Ratgeber sein seinen Brüdern.

16] Nun denn, so ihr vernommen habt den Willen Gottes klar und deutlich, so dankt Gott mit mir in euren Herzen und sagt: Herr, Du allmächtiger, großer Gott, wir danken Dir mit Inbrunst unseres noch schwachen Herzens; mache es stark, Du großer, guter, starker, ewiger Gott, damit wir Dir dereinst, Deiner unendlichen Heiligkeit würdiger wie jetzt in unserer unendlichen Schwachheit, danken, Dich loben und preisen können, und daß wir dadurch, wie Du uns so gnädig versprochen hast, dereinst auch würdig wären, Deinen Kindern nur in einem kleinsten Teile gleichen zu können. Nun aber, o großer Gott, geschehe Dein Wille, und laß uns besteigen die Kasten, und führe uns alle nach Deinem alleinigen Wohlgefallen! Amen.«

17] Und siehe, als sie nun dieses kurze Gebetlein verrichtet hatten, verließen sie mit Meduhed die Stelle und bestiegen fröhlichen Herzens die Kasten.

18] Und siehe, alles, wie es Meduhed geweissagt hatte, ist genau und pünktlich eingetroffen. Mit einem großen Sturme jagten, von der Schlange angeführt, Lamechs Hyänen- und Tigerrotten ergrimmt den armen Meduhediten nach; aber ebensoschnell trieb Ich die Kasten mit Meinem Völklein von den Ufern, und so auch dann ruhig und doch schnell hin zu den Ufern des Großlandes, umflossen von den großen Gewässern.

19] Und die Lamechiten aber ließ Ich verfolgen von den stets wachsenden Fluten des Meeres bis zu den Bergen, allwo sie zu Tausenden von den Hyänen, Tigern, Löwen, Bären und Wölfen und Schlangen zerrissen und verzehrt wurden; denn der Zug der Verfolger bestand aus siebentausend männlichen und aus siebentausend weiblichen Köpfen. Und davon kamen nicht mehr denn sieben Jünglinge und sieben Fräulein nach Hanoch zurück und sagten daselbst aus, was da geschehen war, und brachten die von den Meduhediten hinterlassenen Tiere unversehrt zurück, an der Zahl fünfunddreißigtausend Kamele und ebenso viele Esel, und übergaben dieselben dem Lamech und erzählten ihm alles, was sie gesehen hatten, - wie nämlich ein heller Blitz aus dem wolkenlosen Himmel zwischen sie und die Flüchtlinge gekommen ist und dieselben in großer Schnelle am Ende der Welt, da ein großes, unermeßliches Gewässer ist, weit auf dasselbe wohl hinaustrug. Dann aber hätten die Wasser zu wachsen angefangen und hätten sie getrieben hoch in die Gebirge dort, und es wären unübersehbare Scharen von den bekannten reißenden Tieren über sie gekommen und hätten sie bis auf sie allesamt zerrissen und gefressen; sie selbst wären nur dadurch gerettet worden, daß sie sich unter die große Menge der Kamele und Esel geflüchtet hätten. Und - es möchte Lamech wohl bedenken, was da geschehen sei, und es komme ihnen vor, als wohne über den Sternen ein großer König, mit dem die Menschen nie einen Kampf wagen sollten, und sollten lieber Ihn anbeten und hoch verehren Seiner unbegreiflichen Macht wegen, da Ihm sogar das Meer, die Winde, Blitze und alle reißenden Tiere gehorsam wären, - was sie mit eigenen Augen gesehen hätten und gehört hätten eine große Stimme, welche den Tieren geboten hätte wie ein Donner und so auch geredet hätte mit den großen Elementen wie ein großer Sturm aus den Höhen der Sterne.

20] Und siehe, als Lamech solches vernommen hatte, ergrimmte er in seinem Innern und beschloß, sich an Mir zu rächen. Das aber war eine Folge davon, daß die Schlange sein Herz ganz in Beschlag genommen hatte. Daher sprach er zu den Jungen, die da zurückgekommen waren: »Hört, ihr sieben Schuldlosen! Ich will Genugtuung haben von dem Sternenkönige und einen tausendfachen Schadenersatz; geht hinaus, da ihr wißt, wo Er zu sprechen ist, und gebietet Ihm in meinem Namen, was ich verlange! Und sollte Er sich weigern, so sagt Ihm, Er sei von mir aus verflucht, und sollte Er noch so groß und mächtig sein, so werde Er durch mich, wie mein Volk durch seine Tiere, auf der Erde unter meinem Hohngelächter von Seinem Volke zerrissen und zerfleischt werden. Denn er ist mit aller Seiner windigen und wässerigen Macht nur ein schwaches Lamm gegen mich, den König der Löwen. In die Wälder aber werft allenthalben Brände, und zündet an alle Berge, damit Seine Bestien allenthalben gebraten werden, damit Er Sich hernach zur wohlbereiteten Tafel setzen und da verzehren kann der verbrannten Bestien Fleisch und Knochen; und will Er sie da nicht verbrennen lassen, so soll Er nur Fluten darüberleiten, damit Seine Macht ersaufe!

21] Oh, ich kenne diesen luftigen Übersternenkönig sehr wohl! Alles, was Er tut, tut Er aus Furcht vor mir; denn Er kennt meine Größe, Macht und Stärke, die Ihm genug zu schaffen machen und Ihn endlich ganz verderben wird, so Er nicht willfahrt meiner gerechten Forderung und jedem meiner Wünsche.

22] Nun geht und vollzieht, was ich euch geboten; nehmt Männer mit euch, wohlversehen mit Feuerbränden, um anzuzünden die Berge im Falle der etwaigen Weigerung!«

23] Da entfernten sich die Jünglinge und berieten sich untereinander, was da zu tun sein möchte. »Denn«, sprachen sie untereinander, »wenn er denn gar so mächtig ist, warum geht er denn nicht selbst? Denn toll sein ist leichter denn kämpfen und drohen in der blinden Wut leichter denn die Ausführung. Denn das, was er geredet hat, das hätte ein jeder von uns auch reden können, aber zu was nütze? Wie weit seine und unsere Hände reichen, weiß und sieht jeder Mensch; aber wer hat je nur einen Finger des Übersternenkönigs gesehen, damit er ermessen könnte Seine ganze Macht und Kraft? Lamech ist eine Mücke nur gegen Tatahar und seinen Anhang; und wo ist dieser und sein ganzer Anhang? Nun sind wir sieben noch seine ganze Zentralkraft und haben gesehen die unbegreifliche Macht des großen, unsichtbaren Königs über den Sternen, haben gehört Seine Rede, daß vor ihrer Stärke der ganze Erdkreis erbebt hat wie jemand, den der Frost bis zu und in die Knochen und ihr Mark eisig durchdrungen hat.

24] Daher tun wir, was wir wollen, und gehen hinaus, und statt der Drohung wollen wir Ihm ein Lob bringen und preisen Seine große Macht und Stärke; vielleicht nimmt Er uns auf, wie Er den Meduhed aufgenommen hat, und sodann soll daheim Lamech seine Kraft messen und in die Steine beißen vor Wut!

25] Wir aber wollen lieber einem so mächtigen, großen Könige dienen, der uns gewiß auch wie die Scharen Meduheds über den Fluten erhalten kann.«

26] Und siehe, wie sie weise beschlossen, führten sie auch ihren Mir gefälligen Entschluß aus, nahmen ihre Weiber und Kamele und Esel, wohlbepackt mit Früchten, und eilten hinaus, da sie sahen die Gewässer, und ruhten an dem Ufer des großen Weltmeeres.

27] Einer aber, der das Wort geführt hatte, sprach nun wieder: »Da sind wir jetzt! Wo wollen wir hin? Wir wissen nichts; daher laßt uns den großen König bitten, daß Er uns aufnehme in Seine Dienste und uns zeige einen Ort unserer wahren Bestimmung, da wir schon wahrscheinlich nur durch Seine geheime Eingebung uns den Klauen Lamechs entwunden und uns frei hierher begeben haben.

28] Daher rufe ich in aller Sinne und Geiste, da wir noch keine Namen haben, Dich, o großer, unsichtbarer König aller Macht und Stärke, ehrfurchtsvoll an: Nimm fürs erste unser aller Dank für die Rettung aus den Zähnen der Hyänen und aus den Klauen Lamechs. Und ebenso bitte ich Dich, daß Du nun auch uns führen möchtest nach Deinem Willen an irgendeinen sichern Ort, da wir Dir dann ungestört dienen möchten; denn wir wissen, daß Du ein gar mächtiger Herr bist, und kennen die volle Nichtigkeit Lamechs, dessen Stütze wir sein sollten und nicht wollten, da wir die große Macht Deiner Herrlichkeit gesehen und durch und durch empfunden haben, wie wir auch gehört haben das wilde, nichtige, leere Geplärr des nun gänzlich ohnmächtigen Lamech.

29] Daher erhöre unsere gemeinsame Bitte, und gib uns Deinen Willen kund - oder vernichte uns; denn es ist besser, von Dir vernichtet zu werden als Lamech zu dienen!«

30] Und siehe, als nun diese sieben mit ihren sieben Weibern so vollendet hatten ihr kurzes, aber sehr aufrichtiges Gebet, da fing ein kleiner Sturm an zu wehen von den Bergen her, und im Sturme kam im schnellen Laufe gesprengt eine sehr große Hyäne, grimmvollen und wutentbrannten Angesichtes, vor die kleine Gesellschaft und blieb vor ihnen stehen und musterte sie hin und her, auf und ab und durch und durch, gleichsam als wollte sie sich den besten Bissen aussuchen aus der von Todesangst bedrängten Gesellschaft. Und siehe, als nun alle ins Wasser die Flucht ergreifen wollten, da ermannte sich der Sprecher und sagte mit einer überlauten Stimme: »Hört mich an! Bleiben wir stehen, wo wir stehen, umgeben allenthalben von der unbesiegbaren Macht des großen Königs, und glaubt, wenn Er uns auch vernichtet, so wird Er uns auch in der Vernichtung wohl erhalten; und fürchtet nicht so sehr diese kleine Hyäne, da wir einer viel größeren aus ihren mörderischen Klauen so glücklich entronnen sind, und das um so mehr, da wir in der Ebene sind, wo keine Hyäne mehr die Macht hat, Menschen anzufallen und sie zu zerfleischen. Denn da uns der große, machtvolle König über den Sternen gerettet hat dort an den Bergen aus den Zähnen von so vielen Tausenden der reißendsten Bestien, da wir noch wider Ihn waren, nun aber wollen wir ja für Ihn sein, - wie sollte Er uns jetzt vernichten wollen?

31] Glaubt mir, Er wird uns alle sicher wohl erhalten! Sehet alle auf mich; ich will im Vertrauen hingehen zur Hyäne und ihr meinen Kopf in den Rachen stecken! Und so sie mir etwas zuleide tun wird, dann flieht ins Wasser, oder wohin ihr wollt; werdet ihr mich aber wohlbehalten meinen Kopf wieder aus ihrem Rachen nehmen sehen, dann fallt nieder zur Erde und dankt dem großen Könige, - denn dann ist Er uns schon sehr nahegekommen!«

32] Und siehe, was er sagte, das tat er auch alsogleich, - ging voll Vertrauens hin zur grimm- und wutschäumenden Hyäne, welche ihren Rachen weit aufsperrte, so daß sein ganzer Kopf hinreichend Platz hatte in demselben.

33] Und siehe, so wie er seinen Kopf hineingesteckt hatte, ebenso wohlbehalten - ohne die Krümmung auch nur eines Härchens - nahm er ihn wieder heraus! Da erstaunte die ganze Gesellschaft und fiel alsogleich zur Erde nieder und dankte Mir, freilich noch sehr unbekannter Weise, aus der ganzen erkannten Tiefe ihres Herzens.

34] Als sie sich nun beinahe ganz erschöpft hatten in ihren Dankes- und Lobesergießungen, da fing zum allergrößten Erstaunen die Hyäne an, eine wohlverständige Rede an sie zu richten, und sprach:

35] »Ihr späten Nachkommen Cahins (Kains) und Hanochs, stehet auf und sehet mich an! Sehet an meine Grimm- und Wutgestalt! Ich bin nur ein reißendes Tier, bestimmt, treu zu bewachen die Berge und die auf ihnen wohnenden großen Kinder Gottes, den ihr in eurer Blindheit einen großen König nennt; aber sagt mir, ob ich als Tier je den Willen Gottes übertreten habe! Mein Leben ist Staub und Erde; meine Zeit sind wenige Jahre, Tage und Herzschläge nur; ich habe nichts zu erwarten; was meine Blutgier mir gibt, ist alles, was von meinem Dasein ich zu gewinnen habe vom Schöpfer; und wer von euch mich je gesehen hat über meine vorgeschriebenen Grenzen ohne den Willen Gottes schreiten, der nehme einen Stein und erschlage mich!

36] Doch ihr zaudert, - nicht, als hättet ihr den Mut nicht dazu, sondern weil euch mein Gehorsam gegen den Willen Gottes zur Verwunderung hinreißt! Und sehet, wie euch Menschen, die ein ewiges Leben erwartet, ein reißendes Tier über eure gänzliche Gottvergessenheit und somit auch über eure Bestimmung belehren muß dem Willen Gottes gemäß! Sehet, kein reißendes Tier ist so wild, daß es auch nur in der Hungersnot seinesgleichen anfallen möchte, es zu zerreißen und sich damit den Hunger zu stillen! Allein ihr ewig leben sollenden Menschen zieht aus in Horden, um eure Brüder nicht etwa aus Not, sondern nur aus reiner höllischer Herrschsucht zu töten, mit ihrem Blute die Erde zu beflecken und ihr Fleisch in dieselbe zu verscharren!

37] O schämt euch, ihr Menschen, ihr sein sollenden Herren der Welt! Wo ist eure Herrlichkeit? Ihr seid euer vierzehn, und ich bin allein, und ihr habt euch vor meinem Anblick zu Tode geängstet, - vor einem unglücklichen Tiere, das ursprünglich nur zu eurem Dienste nach dem Willen des großen Gottes bestimmt war!

38] Gehet mit in die Wälder und überzeugt euch, ob nur ein Tier das andere dominiert; und wird es zänkisch und neidisch, so wird es alsobald aus der Gesellschaft gestoßen, da es nicht war nach dem in unserm Innern waltenden Willen Gottes. Und ihr werdet da nie sehen, daß ein Tier das andere nötete, für es auf den Raub zu gehen, um dasselbe als einen baren Müßiggänger zu füttern, - außer es ist eines schwach geworden; dann schleppt ihm ein anderes Tier irgendeinen Raub vor den Rachen in die Wohnhöhle. Und es legt keines an seinen Nacken und seine Eingeweide den scharfen und starken Zahn eher, als bis es kalt geworden ist und faul und morsch; das lehrt uns der göttliche Wille in unserm Innern, und seid versichert: es hebt auch nicht ein Tier ohne den Willen Gottes seinen Kopf in die Höhe!

39] Wir kennen gegen uns keine Eigentumsgrenzen als die unserer Natur und unseres Leibeswesens; ihr Gottes gänzlich vergessenen Menschen, ihr teilt die Erde ab, und da sagt dann ein König, ein Fürst oder ein Günstling derselben: 'Das gebe ich dir gegen einen kleinen Tribut und das dem Günstling und seinen besseren Knechten ihrer gutgesinnten, tüchtigen Fäuste wegen! Alles übrige Volk könnt ihr als Lasttiere gebrauchen, denen ihr nur so viel zu geben braucht, daß sie mit genauer Not ein elendes bißchen Leben erhalten, um für die Müßiggänger die lästige, viele Arbeit verrichten zu können; und würden sie sich weigern, so steht ihnen fürs erste eine große Mißhandlung und fürs zweite der Tod bevor!' Wollte sich dann ein solcher Sklave gar einbilden, daß er auch ein Bruder des Königs oder eines Fürsten oder eines sonstigen vom Könige gemachten Großen gleichen Rechtes sei oder sein wollte, - würde der nicht alsogleich ermordet werden?! - O sagt, wo auf der ganzen Erde gibt es noch etwas Grausameres, als ihr Menschen es seid?! Ist nicht eine Schlange, ich oder ein Löwe, ein Tiger, ein reißender Wolf und ein grimmiger Bär ein lauterer, heiliger Engel gegen euch Menschen? Oh, wäre uns Liebe gegeben wie euch, wie würden wir Gott lieben! Aber ohne Liebe selbst lieben wir Ihn durch unseren genauen Gehorsam unendlichmal mehr als ihr, die ihr nicht nur Seiner Liebe, aus welcher heraus Er euch erschaffen hat, vergessen habt, sondern sogar Seiner Selbst, der euch erschaffen hat!

40] Fragt die Steine, fragt das Gras, fragt die Luft, fragt das Wasser, ja fragt alles, was euch unterkommt, nur keinen Menschen, - und alles wird euch den großen Gott verkünden und die unendlichen Wunder Seiner Liebe erzählen; nur ihr freien, ewig glückseligst leben sollenden Menschen konntet eures Schöpfers, eures unendlichen Wohltäters gänzlich vergessen! Kein Wunder, daß ihr keinen Namen habt; mit welchen Namen könntet ihr auch benannt werden? Teufel kennen Gott und fliehen Ihn; Satane kennen Gott auch, hassen Ihn, daß Er Gott ist und ein Herr ihres Daseins; wer seid aber ihr, die ihr aus Teufeln, Satanen durch Seine unendliche Liebe zu freien Menschen geworden seid und habt Seiner ganz und gar vergessen und sehet euch in eurer mückenhaften Schwäche selbst für Götter an, weil ihr mit Steinen und Knütteln aufeinander schlagen und hohle Steinhaufen errichten könnt, die ihr dann Städte nennt? Seht, ihr seid nichts, wie ihr seid; ein Grashalm ist mehr, und eine Hyänenklaue ist ein Heiligtum gegen eine ganze zahllose Brut von solchen Menschen, wie ihr sie in Hanoch verlassen habt, und wie ihr bis jetzt es selbst waret!

41] Kurz, so will es der große Gott: Bevor euch eine andere Bestimmung zuteil wird, sollt ihr zu uns Hyänen siebzig Tage lang in die Schule gehen, um bei uns fürs erste Menschlichkeit und Nächstenliebe und dann dadurch auch wieder Gott kennen zu lernen; und so ihr wieder erkannt habt eure Gleichheit an uns reißenden, wilden Bestien und Gott durch unsern stummen und blinden Gehorsam, - dann erst wird der Herr aller Geschöpfe euch durch uns eine friedsame Stätte anzeigen lassen.

42] Nun folgt mir willig nach dem Willen Gottes ohne Furcht - außer in der alleinigen Furcht Gottes! Dem Willigen wird nichts zuleide geschehen; der Unwillige und Ungehorsame aber ist auch nicht wert, von den Zähnen der Hyänen zerrissen zu werden, sondern der erwarte hier Lamechs, der Satane, des Satansfürsten Los!«

43] Und siehe, so folgten alle vierzehn Personen einer grimmigen Hyäne in eine finstere Gebirgshöhle und lernten dort durch Meine Zulassung von der Natur der Bestien gleiche Rechte der Menschheit, Nächstenliebe, Gehorsam und so auch wieder Mich erkennen und auf Mich ganz vertrauen, wodurch ihnen dann auch der große Unterschied zwischen der wahren Menschheit und den Tieren sichtbar wurde, und lernten aber auch zugleich erkennen, wie tief sie früher unter denselben gestanden sind, - und das alles durch Meine besondere Gnade, die sie Meinen Willen in den wilden Tieren sehen und in seiner ganzen Fülle empfinden ließ.

44] (Notabene. Mehr als damals wäre euch jetzt eine solche Schule nötig! Denn damals waren die Menschen als Kinder der Welt schlecht der Finsternis wegen; jetzt aber sind sie böse im Lichte, und der Fürst der Finsternis bekennt, daß er ein Pfuscher geworden ist in der Bosheit gegen die Feinheit der Weltkinder, und es geht ihm ja schon wie manchen schwachen Eltern, die von ihren Kindern übertroffen werden an Einsichten aller Art.)


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