Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Supplemente S. 272


01] In der ersten Zeit ist bei seinem Erzählen auch vieles, besonders in Ermangelung wirklicher Daten, auf seinem eigenen Grund und Boden gewachsen.

02] Erst in der Zeit, als der Apostel Paulus Mein Wort in Griechenland hie und da gepredigt hatte, ward er von seinem Freunde a Theophilus, der auch in Griechenland wohnte, ernstlich aufgefordert, über Mich verläßliche Erkundigungen einzuziehen, sie aufzuzeichnen und sie ihm dann zu übersenden. Er, Theophilus, habe über den gewissen Nazaräer sowohl von seiten der Juden als auch von Griechen so verschiedenartiges gehört, daß er daraus nicht klar werden könne, was so ganz Eigentliches an diesem Menschen sei. Es frage sich aber, ob er entweder ein überirdisches Wesen oder gleich nur so ein in mannigfacher Weisheit aus den Büchern wohlerfahrener Mensch sein. (a Lukas.01,03; Apg.01,01)

03] Als Lukas dieses Schreiben in Jerusalem in seine Hände bekam, dann erst nahm er sich der Sache ernstlicher an und erkundigte sich über alles, was besonders Meine Person und Meine Lehre betraf, bekam aber auch, was er aufschrieb, nicht leichtlich aus dem Munde Meiner wirklichen Jünger, sondern zumeist von andern auf Mich und Meine Lehre haltenden Menschen, die Mich zum Teil noch persönlich gekannt, zum größten Teil aber von Meinen Jüngern Kunde über Mich erhalten hatten. Denn zwischen Meinem Dasein als Mensch dieser Erde und der Vollendung des Evangeliums Lukas verstrichen fünfunddreißig Jahre (also anno 68), nach welcher Zeit er dasselbe erst an seinen a Freund Theophilus nach Griechenland absenden konnte; welches Evangelium dann dieser Theophilus mit seinen Aufzeichnungen verglich. (a Lukas.01,03)

04] »Wie es aber mit seinem Evangeliums steht, so steht es noch mehr mit seiner Apostelgeschichte, die er ebenfalls a auf Aufforderung seines Freundes Theophilus aufs Pergament brachte, und zwar erst in seiner letzten Lebenszeit, also in einer Zeit, in der sich nicht einer Meiner ersten Apostel und Jünger mehr in Jerusalem befand. (a Apg.01,01-02)

05] Auch diese Apostelgeschichte bekam in den Händen seines Freundes so manche Abänderung, und selbst die von ihm im Judenlande zusammengebrachten Daten waren vielseitig Dichtungen solcher Jünger und Ausbreiter Meines Wortes, die häufig ohne inneren Beruf sich als solche den Menschen vorstellten, und ein jeder aus ihnen das Bessere wissen wollte.

06] So geschah es denn auch, daß sowohl in dem Evangelium des Lukas, wie noch mehr in seiner nachträglichen Apostelgeschichte, Dichtungen und Übertreibungen vorkamen, von denen Meine wirklichen Apostel und Jünger selbst wenig oder nichts wußten; denn sie hielten sich in Jerusalem sehr wenig auf und hatten ihr Wesen mehr in Galiläa, Samaria und in den andern von Jerusalem weiter entlegenen Landschaften.

07] Wenn ihr nun dieses wisset, so werdet ihr wohl einsehen, daß das gewisse a Erdbeben und die b Finsternis bei Meinem Kreuzestode, die c eröffneten Gräber im Tale Josaphat, d Meine Himmelfahrt auf zwei sich widersprechenden Bergen, wie auch die gewisseSendung des heiligen Geistes zum allergrößten Teile ein Werk der damaligen Fantasie Meiner verschiedenartigen Anhörer und Verehrer sind, und auch sogar sein müssen, indem der verläßlichste aller Evangelisten (Johannes), der noch bei jeder wichtigsten Gelegenheit zugegen sein mußte, von alledem keine Erwähnung tut. Auch gibt der Lukas nicht kund, ob er selbst bei der Ausgießung des heiligen Geistes zugegen war oder nicht! (a Matthäus.27,52; b Matthäus.27,45; =Markus.15,33; =Lukas.23,44-45; c Matthäus.27,52-53; d Matthäus.28,16; Markus.16,19; =Lukas.24,50-51; Apg.01,09-10; e Apg.02,04)



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