Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8
105. Kapitel: Was es heißt, dem Himmelreich Gewalt antun.
01] Sagte Ich: »Freund, dem Ernstwollenden ist jede Mühe und Arbeit ein sanftes Joch und eine leichte Bürde; aber wenn du bei einer ernsten Arbeit die Mühe scheust, so wirst du mit derselben nicht gar füglich zum erwünschten Gewinne gelangen, und die rechte Mühe und Kräfteanstrengung ist ja eben die Gewalt, die ein jeder Mensch dem Reiche Gottes antun muß, um es sich vollends zu eigen zu machen!
02] Siehe, ihr selbst tut dein Reiche Gottes eine wahrhaft große Gewalt an; aber weil ihr es euch vollernstlich zu eigen machen wollt, so scheuet ihr auch keine Mühe und keine Opfer, und Mein Joch kommt euch dennoch gar sanft und Meine euch auferlegte Bürde gar leicht und gering vor. Bedenkt nur, daß ihr aus Liebe zu Mir die vielen Jungen mit euch nach Rom nehmt und sie dort in Meinem Namen auch bestens versorgen werdet! Ihr nehmt aber nebstdem noch die arme Familie von Emmaus, die Familie Helias und mehrere bekehrte Templer mit ihren Weibern und Kindern ebenfalls mit euch und werdet auch für sie sorgen, - und seht, darin liegt eine gar große Gewalt, die ihr als Heiden dem wahren Reiche Gottes antut, um es vollends an euch zu reißen, und ihr werdet demselben noch eine größere Gewalt antun, da euch euer voller Glaube an Mich, eure Liebe zu Mir und euer fester und vollends guter Wille noch mehreres zu tun nötigen wird, als ihr bis jetzt schon getan habt! Und es wird euch das alles doch nur ein sanftes Joch und eine leichte Bürde sein, weil ihr selbst es also gern und vollernstlich wollt.
03] Wenn du, Freund, das nun so mit dem rechten Verstandesauge ansiehst und beurteilst, so wirst du es wohl einsehen, daß hier das sanfte Joch, die leichte Bürde und die dem Reiche Gottes anzutuende Gewalt ganz auf ein und dasselbe hinauslaufen.
04] So du aber zum Beispiel nun unsere Templer betrachtest und daneben gar viele Weltmenschen, so frage dich selbst, ob das, was ihr zur Gewinnung des Reiches Gottes nun ganz leicht tut, für sie nicht eine derartige Gewaltanstrengung für ihren Willen wäre, mit der man schon gleich die Berge der Erde verschieben könnte! Und wenn sie, die es könnten, dem Reiche Gottes nicht eine solche Gewalt antun werden, wie ihr sie ihm schon freudigst angetan habt, so werden sie es auch wahrlich nicht überkommen!
05] Und wie es nun ist in diesen Tagen und in dieser Zeit, also wird es bei den Weltmenschen auch in den künftigen Zeiten der Fall sein; denn es wird diese Erde nie einen gänzlichen Mangel an weltsüchtigen Menschen haben, und denen wird Mein Joch nicht sanft und Meine Bürde nicht leicht vorkommen. Und so sie in ihren letzten Tagen etwa doch noch gewillt werden, das Reich Gottes zu gewinnen in der langen Nacht ihres Erdenlebens, so werden auch sie an die Türen zu pochen anfangen müssen, um nur ein wenig Brotes zur Lebenssättigung ihrer Seele aus den nur untersten Himmeln zu erlangen.
06] Darum wird der, welcher um Meinetwillen viel tun und viele Tatenopfer bringen wird, auch viel vom Reiche Gottes überkommen; wer aber, dem nächtlichen Wanderer gleich, am Ende seiner Reise durch diese Welt vor Meiner Tür ernstlich zu pochen und zu bitten anfangen wird, der wird wohl auch nicht verstoßen werden, aber er wird nur wenig bekommen, weil er zur Gewinnung des Reiches Gottes sich auch nur eine kleine Mühe gab und es erst dann zu suchen begann, als ihn die äußerste Not dazu zwang.
07] Daß ein solcher Mensch dem Reiche Gottes nur eine sehr geringe Gewalt angetan hat, ist sicher leicht begreiflich, und es ist daher auch leicht begreiflich, daß ein solcher Mensch aus dem Reiche Gottes keinen großen Anteil zu erwarten haben wird! Denn mit welchem Maß jemand hier mißt, mit demselben Maß wird ihm auch im Reiche Gottes zurückgemessen werden.
08] Wer also dem Reiche Gottes, um es zu gewinnen, eine große Gewalt angetan hat, der wird im selben auch schon hier auf Erden zu einer großen Macht und Gewalt gelangen; wer aber dem Reiche Gottes, um es zu gewinnen, nur eine kleine Gewalt angetan hat, der wird auch im selben eine ganz kleine Macht und Gewalt überkommen und wird jenseits diejenigen ewig nicht erreichen, die schon hier auf dieser Erde groß und mächtig vor Mir geworden sind. - Hast du, Mein Freund, das nun wohl verstanden?«
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